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Freies Wort 05.08.2015

Die Frau, die Mieter wieder lächeln lässt

Spanisch vorkommende Kostenanstiege und Mietmängel sind häufig Grund dafür, weshalb sich Mieter und Vermieter vor Gericht treffen. Doch bevor es dazu kommt, können sich Mieter beraten lassen.

Bad Salzungen

Die Tür öffnet sich. Mit einem Lächeln im Gesicht kommt das ältere Ehepaar aus dem Beratungsraum. Die Anspannung in ihren Gesichtern ist verflogen. Kaum ist das Paar zur Tür hinaus, da betritt eine Frau mittleren Alters den Raum. Auch ihr Blick wirkt ernst.
Kerstin Wilhelm hat an diesem Mittwochvormittag im Bad Salzunger Mehrgenerationenhaus viel zu tun. Seit 1992 ist sie Rechtsberaterin beim Mieterverein Suhl und Umgebung. "Schauen Sie doch mal nach draußen", antwortet sie auf die Frage, wie viel Fälle der Verein im Jahr behandelt. "Rund dreitausend", fügt sie hinzu. Doch dazu zählen nicht nur persönliche Beratungen wie an diesem Mittwoch, sondern auch Telefonate und Briefe. Die häufigsten Anliegen, weshalb eine Beratung beim Mieterverein aufgesucht wird, sind Wilhelm zufolge Betriebskostenabrechnungen. Häufig seien hier bestimmte Kostenanstiege nicht nachzuvollziehen. "Wir prüfen dann, ob diese Abrechnung fehlerhaft ist", sagt sie. Wenn das der Fall ist, setzt sich der Verein dann mit dem Vermieter in Verbindung. Eine hohe Heizkostenabrechnung sei nicht selten auf eine unwirtschaftlich arbeitende Heizungsanlage zurückzuführen.

Kombination
Am zweithäufigsten nehmen Mieter die Ansprüche des Vereins wahr, wenn es um Mängel in der Wohnung geht. Besonders heikel ist das Thema Schimmel. Hier lässt sich oft nicht eindeutig entscheiden, wer Schuld hat. Es sei kein Geheimnis, dass Vermieter sich sträuben, Geld auszugeben, um Mängel zu beheben. So könne es durchaus sein, dass dem Vermieter das bauliche Problem bekannt ist, doch in laufenden Vertragsverhandlungen mit einem zukünftigen Mieter spricht er das Problem nicht an. Nach kurzer Zeit zeigt sich die schöne neue Wohnung dann von ihrer unschönen Seite. Plötzlich sind die Wände vom Schimmel befallen. Während der Vermieter die Schuld von sich weist und dem Mieter falsches Lüften vorwirft, fühlt sich der Mieter betrogen. Gutachten und Gerichtsverfahren, die daraus häufig resultieren, seien hier nicht die Lösung, betont sie. Bei Gutachten sei häufig die Rede von Parteien-Gutachten. Die Folge: Es werden Gegen-Gutachten erstellt. Und auch vor Gericht könne der Richter letztlich nicht ohne Gutachten entscheiden. "Ehrlich miteinander umgehen", schlägt Wilhelm stattdessen als Alternative in solchen Fällen vor. Denn gerade was das Thema Schimmelpilz angeht, handelt es sich oft um "eine Kombination aus falschem Lüftungsverhalten und baulichen Mängeln".

98 Prozent
Um einen Konsens zu ermöglichen, setzt sich der Verein auch mit dem Vermieter in Verbindung: "In einem Schreiben machen wir die Ansprüche des Mieters geltend." Der Konsens sehe beim Thema Schimmelbefall häufig so aus, dass der Vermieter für die Kosten der Beseitigung aufkommt, während sich der Vermieter an ein bestimmtes Nutzungsverhalten bindet. Der Vermieter könne diesbezüglich auch einen Mietnachlass gewähren. Selbst in solchen auf den ersten Blick verzwickten Situationen ist die Erfolgsquote vielversprechend. 98 Prozent der im Jahr behandelten Fälle werden Wilhelm zufolge außergerichtlich geklärt.
Allerdings betont sie auch, dass vieles im Vorfeld schon geklärt werden könnte. Bereits in den laufenden Vertragsverhandlungen sollten Mieter die Vermieter auf bauliche Mängel ansprechen. Mieter sollten hier wie beim Kauf eines Gebrauchtwagens agieren. Ihrer Ansicht nach würden hier deutlich mehr Fragen gestellt. Andererseits freut sich Kerstin Wilhelm, diese "Unsicherheiten", die die Mieter "quälen", auszuräumen und ernste, angespannte in entspannte und fröhliche Gesichter zu verwandeln. So wie bei der Frau, die an diesem Mittwoch mit einem Lächeln aus der Beratung geht.

Quelle: Freies-Wort 05.08.2015

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