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Freies Wort 23.06.2007

Wohnungsunternehmen wehrt sich gegen Heizkosten

Stadt zog vor Gericht und will ausstehendes Geld fordern / Berufung eingelegt

Wenn sich die Mitglieder der Wohnungsgenossenschaft (WG) „Mehliser Struth“ am 27. Juni zur Generalversammlung im Feuerwehrgerätehaus zusammenfinden, dann steht ein Thema ganz oben auf der Tagesordnung: die Betriebskostenabrechnung.

ZELLA-MEHLIS – Die Preise, insbesondere für Gas, sind in den vergangenen zwei Jahren so stark gestiegen, dass die Betriebskosten für viele Familien wie eine zweite Miete zu Buche schlagen. Seit die rund 500 Mitglieder der Genossenschaft im Frühjahr die Abrechnung erhalten haben, klingelten beim Vorstand die Telefone. „Es gab 22 Gespräche mit Mietern und einen schriftlichen Widerspruch, der mittlerweile zurückgezogen wurde. Außerdem haben uns über den Mieterverein zwei Widersprüche erreicht“, fasst Vorstandschef Jürgen Dittmann alle bisherigen Beschwerden zusammen. Wenn die Nachforderungen nicht mit einem Male beglichen werden konnten, wurden Ratenzahlungen vereinbart.

Dass die Genossenschafter wegen der Höhe der Betriebskosten mobil machen, ist für den Vorstand zwar gut nachzuvollziehen. An der Preisschraube im Sinne ihrer Mieter kann er dennoch nicht drehen. Schließlich bezieht die Wohnungsgenossenschaft Wärme über das nahe Heizwerk im Wohngebiet – ein Eigenbetrieb der Stadt Zella-Mehlis.

Vor drei Jahren hat die Genossenschaft den Vertrag mit der Kommune unterschrieben, der erst am 1. Juli 2009 ausläuft. Als Jürgen Dittmann damals seine Unterschrift unters Papier setzte, lag der vereinbarte Arbeitspreis bei 4,93 Cent pro Kilowattstunde. Seitdem ist der Gaspreis extrem angestiegen. Für eine Kilowattstunde berechnet der städtische Eigenbetrieb mittlerweile 9,5 Cent. Obwohl die Mieter der Genossenschaft etwa 17 000 Kilowattstunden im Vorjahr weniger verbraucht haben als 2005, mussten 46 610 Euro mehr gezahlt werden.

Vorstand und Aufsichtsrat haben zwar keine Zweifel daran, dass die Stadt den Verbrauch der Genossenschaft korrekt berechnet hat. Aber sie stellen die Kalkulation der Stadt – also die Spanne zwischen dem tatsächlichen Gaspreis und dem letztlich für die Berechnung zu Grunde gelegten Arbeitspreis – infrage. Nachdem Gespräche mit Bürgermeister Karl-Uwe Panse und der Geschäftsführung der Stadtwerke nicht zum gewünschten Ergebnis führten, versuchte das Wohnungsunternehmen, die Lieferanten im Sinne der Mieter unter Druck zu setzen.

„Wir haben seit dem 1. Januar vergangenen Jahres den Arbeitspreis auf dem Niveau vom 31. Dezember 2005 eingefroren“, sagt Jürgen Dittmann. Vorstand und Aufsichtsrat sahen darin die einzige Möglichkeit, sich gegen weitere Preiserhöhungen zu wehren. Die Stadt Zella-Mehlis wehrte sich ebenfalls und zog vors Landgericht Meiningen. Mit dem Ergebnis, dass die WG die ausstehenden rund 97 000 Euro zu zahlen hat. Die Stadt könnte das Geld einfordern, müsste aber gleichzeitig eine Bürgschaft in Höhe von 120 Prozent, also über 100 000 Euro, bei Gericht hinterlegen. Immerhin haben die Anwälte der Genossenschaft gegen das Urteil Berufung beim Oberlandesgericht Jena eingelegt.

Wann und wie dort entschieden wird, ist offen. Für Vorstand und Aufsichtsrat sind die ständig steigenden Preise aber nicht nur ein Problem des Wohnungsunternehmens, sondern bald auch der Stadt. Aufgrund der Kostenexplosion könnte sich in den nächsten Jahren der Leerstand in den Wohnblöcken drastisch erhöhen. Jürgen Dittmann: „Ob die Mieter uns oder der Städtischen Wohnungsgesellschaft deshalb davonlaufen, ist letztlich ganz egal. Sie laufen Zella-Mehlis davon.“

Quelle: Freies Wort 23.06.2007

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