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Freies Wort 09.07.2008

Die große Kommunikationskrise

Eiszeit zwischen AWG-Vorstand und Mietern sowie deren Vertretern. Dabei sind sie sich inhaltlich nahe.

SUHL – Hier geht es nicht darum, ob die Mieterhöhung der AWG Rennsteig im Stadtgebiet gerechtfertigt sind oder nicht. Die Argumente dazu sind ausgetauscht worden. Doch (noch immer) steht die Frage im Raum, ob die AWG diese Verteuerung mietergerecht kommuniziert hat – und ob der Umgangston, den die Genossenschaft mit ihren Mitgliedern pflegt, angemessen ist. Viele von denen sehen sich nämlich von dem Unternehmen, das sie mittragen, schlecht bis gar nicht informiert, nicht ernst genommen, gar unter Druck gesetzt, damit sie der Mieterhöhung zustimmen. Viele von ihnen sind verängstigt. Ihre Namen wollen sie nicht nennen.
Heidrun Schuster, die in der Gerbig-Straße 16 in einer 55 Quadratmeter-Wohnung lebt, ist eine Ausnahme. „Ich fühle mich belogen und betrogen davon, wie hier mit mir umgegangen wird“, formuliert sie unmissverständlich. „Ich habe konkrete Frage zur Mieterhöhung gestellt und keine wirklichen Antworten bekommen.“ In Schreiben, die sie zu dem Sachverhalt bekam, so empfindet sie es, sei ihr sofort mit Anwälten gedroht worden, stimme sie der Mieterhöhung nicht zu. Die Kommunikation mit Vorstand oder AWG-Vertretern sei unzureichend.
Und mehr noch: Nicht nur Menschen wie Heidrun Schuster sehen das Verhältnis zwischen sich und der Genossenschaft zerrüttet. Auch der Mieterverein Suhl und Umgebung klagt über den Ton im Umgang mit der AWG. So schlecht wie mit diesem Unternehmen spreche man mit keinem anderen in Südthüringen..

Druck erzeugt ...

Erstens aus Sicht der Mieter. „Je näher das Fristende für die Zustimmung zur Mieterhöhung rückte, desto mehr hat die AWG in ihren Schreiben die drohenden Kosten eines Rechtsstreit betont“, sagt der Mietervertreter Georg Seidler. Er legt nach: „Die AWG versucht, durch Druck und nicht durch Argumente zu überzeugen.
Zweitens herrscht aber auch zwischen dem Mieterverein selbst und der AWG derzeit Eiszeit. Seidler weiß eine Geschichte zu erzählen, nach der er eine AWG-Mieterin zu einem Gespräch bei ihrem Vermieter begleiten wollte. Die Teilnahme daran sei ihm aber durch eine Genossenschaftsvertreterin verwehrt worden. Die AWG andererseits bezeichnete das Verhalten Seidlers bei Veranstaltungen zur Problematik der Mietsteigerungen in einem Brief vom Juni an den Vorsitzenden des Mietervereins als „demagogisch“. Weiter heißt es in dem fast zweiseitigen Schreiben: „Wir machen hiermit darauf aufmerksam, dass wir dieses Vorgehen des Mietervereins Suhl und Umgebung e.V. als offene Konfrontation auffassen müssen.“
Auch öffentlich äußert sich der AWG-Vorsitzende Frank Brösicke in diesem Sinne: „Wir meinen, dass es ein Grundverständnisproblem gibt“, sagt er. Es sei nicht klar, welche Vorstellungen der Mieterverein habe, wenn es um die Unternehmenspolitik eines Vermieters gehe, der defizitär sei. Es müsse doch im Interesse von Mietervertretern sein, dass ein großes Wohnungsunternehmen wirtschaftlich gesund sei. Andernfalls verhindere man die Wohnsicherheit der Mieter, was nach Brösickes Lesart gegen die Satzung des Mietervereins selbst verstoße. „Ich würde gerne wissen, welchen Vorschlag der Mieterverein zu diesen Punkten hat.“
Anders positioniert sich Brösicke in Sachen Kommunikation mit Mitgliedern und Mietern. Hier könne er Defizite nicht erkennen. „Die Kommunikationsschiene, die wir zur Mieterhöhung aufgebaut haben, ist kaum breiter zu machen“, meint er. Auch das Instrument der Vertreter, die von manchen als „vorstandshörig“ beschrieben werden, habe sich bewährt. Kritik an den Hinweisen auf mögliche Anwalts- und Gerichtskosten in den Schreiben zur Mieterhöhung weist Brösicke ebenfalls zurück. Besonders, dass es sich dabei um Drohungen gehandelt habe. Diese Hinweise, sagt er, müssten laut Gesetz gegeben werden.
Mag das „Wie“ vor dem Hintergrund der Mieterhöhungen wie eine Randnotiz erscheinen, so ist es doch von fundamentaler Bedeutung. Denn es versperrt die Sicht auf eine Fußnote: Dass nämlich die Positionen von Mietern, Mieterverein und AWG gar nicht so weit auseinander liegen. Die meisten Wohnungsnutzer, die der Mieterhöhung noch nicht zugestimmt haben – nach AWG-Zahlen etwa 155 von 2382 Fällen – sind nicht grundsätzlich gegen Mehreinnahmen des Unternehmens aus dieser Quelle. „Die AWG soll den berechtigten Teil haben“, pflichtet da auch Georg Seidler für den Mieterverein bei. „Aber eben nur den berechtigten Teil.“ Und der müsse angemessen kommuniziert werden.

... vielleicht Klagen

Solange dies der AWG nicht gelingt, solange sie nicht in der Lage ist, den Menschen, die bei ihr wohnen, das Gefühl zu geben, Partner des Unternehmens zu sein, ist weiterer Ärger vorprogrammiert. Heidrun Schuster ist entschlossen, der Mieterhöhung erst einmal nicht zuzustimmen. Sie will notfalls vor Gericht ziehen und ein Musterverfahren erwirken.
Und das Ganze könnte Auswirkung haben – für die AWG und für die Stadt. Einige Unternehmen aus dem Umland machen gerade aggressiv Werbung für ihre Mietwohnungen ...

Quelle: Freies Wort 09.07.2008

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